Am 6. Februar 2025 fand im Caritas-Pirckheimer-Haus in Nürnberg der KSW-Bildungskongress statt, der unter dem Motto „Was ist der Mensch? Eine Selbstverortung in Zeiten von KI“ stand. Die Veranstaltung zog zahlreiche Trägervertreter/-innen sowie Schulleiterinnen und Schulleiter und Lehrkräfte aus den KSW-Mitgliedsschulen an.
Den Auftakt bildete ein fesselnder Vortrag von Prof. Dr. Dr. Michel Friedman, der das Konzept der haltungsorientierten Bildung in den Mittelpunkt stellte. In seinen Ausführungen betonte er die Notwendigkeit, Bildung nicht nur als Wissensvermittlung zu verstehen, sondern auch als einen Prozess, der die Persönlichkeitsentwicklung und die Werteorientierung der Schülerinnen und Schüler fördert. Friedman argumentierte, dass in einer zunehmend komplexen und digitalisierten Welt die Fähigkeit, eigene Haltungen zu entwickeln und diese auch zu vertreten, entscheidend für gesellschaftlich-politische Teilhabe sei. Damit Haltung nicht zu einer Worthülle verkomme, brauche es dafür Prinzipien, für die man im Zweifelsfall auch einstehen müsse, so Friedman vor dem Hintergrund des zunehmenden Antisemitismus. Seine inspirierenden Gedanken regten die Teilnehmenden dazu an, über die eigene Rolle als Lehrende und auch als Vertreter/-innen von Kirche nachzudenken. In einer anschließenden Fragerunde diskutierte Friedman in der für ihn typischen Weise kontrovers und leidenschaftlich mit Kongressteilnehmenden.
Im Anschluss an den Vortrag hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit, in einer Workshopphase aus fünf unterschiedlichen Workshops zu wählen. Die Workshops boten eine breite Palette an Themen, die sowohl theoretische als auch praktische Ansätze rund ums Kongressthema behandelten.
Einer der Workshops wurde von Prof. Dr. Stefan Bauberger SJ geleitet und widmete sich dem Thema „Achtsamkeit in Zeiten von Internet und Handy“. Hier erfuhren die Teilnehmenden, dass Achtsamkeit die geistige Freiheit sei, aus automatisch ablaufenden Gedankenketten auszusteigen. Die Dauerpräsenz von digitalen Medien führe hingegen in eine Fremdsteuerung der Gedanken. Der Workshop zielte darauf ab, diese Mechanismen zu verstehen und Gegenmittel zu erproben.
Ein weiterer spannender Workshop mit dem Titel „Ich denke, also bin ich – sagt der Mensch oder die KI? Die eigene Haltung zu KI reflektieren mit Lego® Serious Play®“ wurde von Dr. Jennifer Dobschenzki angeboten. In diesem interaktiven Format hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit, ihre Einstellungen zu KI bildnerisch darzustellen, zu hinterfragen und in der Diskussion mit anderen neue Perspektiven zu entwickeln.
Zusätzlich gab es den Workshop „KI-Kunst: Tausche Pinsel gegen Pixel“, geleitet von Anja Skowronski und Nikos Probst vom Neuen Museum Nürnberg, der die Teilnehmenden in die Welt der digitalen Kunst einführte und die Schnittstellen zwischen Kreativität und Technologie beleuchtete.
PD Dr. Patrick Krauss von der FAU Nürnberg stellte in seinem Workshop „Was die KI vom Menschen lernen kann – und umgekehrt“ die Wechselwirkungen zwischen Hirnforschung und KI in den Fokus. Krauss erklärte, wie die Forschung Erkenntnisse über das Gehirn nutzt, um KI weiterzuentwickeln und wie KI dazu beiträgt, Kenntnisse über kognitive Funktionen zu erweitern. Außerdem wurde beleuchtet, ob KI Bewusstsein erlangen kann und ob das überhaupt gewollt ist.
Ein besonders innovativer Workshop wurde von Schülerinnen des Egbert-Gymnasiums Münsterschwarzach unter der Leitung von OStD i. K. Markus Binzenhöfer angeboten. Unter dem Titel „Ist der Mensch nicht mehr einzigartig? Wir prüfen ChatGPT“ machten die Jugendlichen die Teilnehmenden mit den Möglichkeiten von ChatGPT vertraut und regten zu einer Auseinandersetzung damit an. In einer Art Selbstversuch wurden die Leistungen der KI denen des Menschen gegenübergestellt.

Das gemeinsame Mittagessen nach der Workshopphase bot auch Raum für Vernetzung und kollegialen Austausch. Anschließend fand in der Kirche St. Klara eine sog. Geistliche Atempause statt. Ausgehend von Psalm 8 („Was ist der Mensch?“) wurde die transzendentale Bedeutung des Kongressthemas erspürt. Christina Janotta und Erika Schwarzer (beide Maria-Ward-Gymnasium Nürnberg) gestalteten die kleine Andacht.
Am Nachmittag folgte eine zweite Workshopphase, in der die Teilnehmenden erneut die Möglichkeit hatten, aus den oben beschriebenen Angeboten zu wählen und sich weiter mit den Themen auseinanderzusetzen.
Abgerundet wurde der KSW-Bildungskongress durch einen Vortrag von Prof. Dr. Stefan Bauberger SJ mit dem provokanten Titel „Der Mensch – ein Auslaufmodell?“. Bauberger setzte sich mit der Frage auseinander, welche Rolle dem Menschen bleibt angesichts der Tatsache, dass KI in immer mehr Lebensbereiche vordringt. Nach Bauberger ist Intelligenz – ganz einfach gesagt - die Fähigkeit, Muster zu erkennen. Intelligente Menschen könnten dies besser als andere. KI sei in diesem Bereich allen Menschen deutlich überlegen. Bauberger plädierte schlussfolgernd dafür, der KI dieses Feld zu überlassen und sie gezielt für die effiziente Erledigung von Verwaltungsaufgaben einzusetzen. Eine solche Entlastung böte mehr Zeit für die Begegnung von Mensch zu Mensch. Ärztinnen und Ärzte wären dann beispielsweise weniger „Techniker/-innen“, sondern wieder mehr „Heilende“ und Lehrkräfte könnten die so gewonnene Zeit für die pädagogische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen nutzen. Abschließend machte Bauberger deutlich, dass Wert und Würde des Menschen nicht an seiner Intelligenz festgemacht seien.
Insgesamt bot der Bildungskongress des Katholischen Schulwerks in Bayern eine wertvolle Plattform für den Austausch über das Selbstverständnis des Menschen. Die Teilnehmenden verließen die Veranstaltung mit neuen Impulsen und Ideen für ihren Alltag.